Der Engagementbericht in der Diskussion
Den gestern vorgelegten ersten Engagementbericht “Für eine Kultur der Mitverantwortung”◄ der Bundesregierung kommentierte Dr. Rupert Graf Strachwitz in den aktuellen Maecenata Notizen1 noch am gleichen Tag zurückhaltend:
“Deutlich wird: Es geht im Kern um die Mitverantwortung aller Bürgerinnen und Bürger, aber auch um die Eigenständigkeit und das originäre politische Mandat. Es gilt das Subsidiaritätsprinzip, jedoch gibt es ein prinzipielles Spannungsfeld zwischen Freiwilligkeit und gesellschaftlicher Notwendigkeit. “Bürgerschaftliches Engagement ist kein Reparaturbetrieb”, hob Hüther hervor. Gewarnt wird in dem Bericht aber auch vor einem Überhandnehmen von Gruppeninteressen und von Einflussnahmen, die stärker ausfallen als angemessen wäre. Noch wäre es viel zu früh, den Bericht zu bewerten. Dazu muss er erst einmal in einer Gesamtheit gelesen werden. Der Stellungnahme nach zu urteilen, enthält er jedenfalls einiges, was der Politik nicht gefällt. Auf einer Fachtagung im November, zu der das Bundesfamilienministerium eingeladen hat, wird darüber zu diskutieren sein.” [Hervorhebung: ‑jor.]
Und er beobachtete Merkwürdigkeiten wie den offenbar langwierigen Abstimmungsprozess zwischen den Bundesressorts seit Berichtsvorlage im letzten November — und dass der Bericht gestern “seltsamerweise nicht von den handelnden Personen gemeinsam” der Öffentlichkeit vorgestellt wurde:
“Ministerin Schröder absolvierte um 11 Uhr einen Fototermin mit dem vollständigen Bericht. Um 12 Uhr stellte Professor Dr. Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln und Vorsitzender der Sachverständigenkommission den Bericht anhand einer Zusammenfassung der Presse vor. Gemeinsam mit Professor Dr. Sebastian Braun, Humboldt Universität zu Berlin, hatte Hüther den Bericht verantwortet.”
Zu den engagementpolitisch bemerkenswerten Auffälligkeiten gehört auch die von ihm angesprochene Fachtagung des BMFSFJ im November, auf der der Engagementbericht “von Vertreterinnen und Vertretern aus den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft, Stiftungen, Wohlfahrtsverbände, Politik und der Medien kommentiert und reflektiert werden“2 soll. Die Einladungen sind offenbar schon vor längerem an einen von wem auch immer handverlesenen Kreis von Vertreterinnen und Vertretern gegangen.
Dass eine Tagung zum Engagementbericht überhaupt in der Planung ist, wurde erst durch den eben zitierten August-Newsletter aus dem Projektebüro “Dialog der Generationen” bekannt; weitere öffentliche Hinweise auf die Tagung oder gar eine allgemeine Einladung an (zivil-)gesellschaftlich Engagierte sind bisher nicht bekannt. Im Newsletter wird nun eine Internetadresse zur Anmeldung für die Tagung angeführt, die auf ein Angebot des Bundesamts für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben3 führt. Eine Anmeldung zu der Tagung scheint also auch für Dritte möglich, ist aber tatsächlich nicht mehr als eine Interessenbekundung4:
“Nach Ihrer Registrierung erhalten Sie eine automatische Eingangsbestätigung. Da die Platzkapazität begrenzt ist, erhalten Sie nach dem Anmeldeschluss eine Anmeldebestätigung, die Ihre verbindliche Teilnahme bestätigt.”
Honi soit qui mal y pense. —
Angekündigt ist eine erste Diskussion des Engagementberichts bereits für die nächste Sitzung der Ad-hoc-Gruppe Engagementforschung des Bundesnetzwerks Bürgerschaftliches Engagement (BBE) am 11. Oktober 2012. Die Arbeit der Ad-hoc-Gruppe wird durch den Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft unterstützt.5
-jor.
- Maecenata Notizen II / 2012, 2 | Download: http://www.institut.maecenata.eu/resources/Maecenata+Notizen+II-2012.pdf◄ — pdf 2,0 MB ↩
- Newsletter des Projektebüros „Dialog der Generationen“, August 2012, 4 | http://www.generationendialog.de/_uploadfiles/file/Newsletter%20August%202012(1).pdf◄ — pdf, 358 KB ↩
- Das Angebot https://veranstaltungen.bafza-online.de/ nennt sich vivenio. Online-Registrierung, das aber nur nutzen kann, wer zuvor “per Newsletter einen Link” für den Zugang zugeschickt bekommen hat, wer also berechtigt ist. ↩
- Vgl. https://veranstaltungen.bafza-online.de/intro/templates/index.php?verSeq=46&organisation=001&template=xxxxxAr02VeranstaltungenSprachauswahl ↩
- Vgl. BBE Newsletter, 14.07.2012 | http://www.b‑b-e.de/index.php?id=14803#19098◄ ↩
Stichworte: Ad-hoc-Gruppe Engagementforschung, BMFSFJ, Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement, Engagementbericht 2012, Engagementforschung, Engagementpolitik