Kulturrat fordert Vorzugsförderung des “Freiwilligen Sozialen Jahrs Kultur”
und lehnt Aufnahme der Freiwilligendienste aller Generationen in ein Freiwilligendienststatusgesetz grundsätzlich ab.
Der Deutsche Kulturrat, die Vertretung der Bundeskulturverbände, hat in einer am 22.07.2010 veröffentlichten “Resolution des Deutschen Kulturrates zur Stärkung der Jugendfreiwilligendienste” die Verzehnfachung der Plätze im “Freiwilligen Sozialen Jahr Kultur (FSJ Kultur)” von derzeit 1.100 auf bis zu 11.000 im Jahr 2020 gefordert. Sie sollen von Bund und Ländern gegenüber anderen Formen des “Freiwilligen Sozialen Jahres” vorrangig finanziell abgesichert werden, da eine teilweise Refinanzierung über Leistungsentgelte im Kulturbereich nicht möglich sei.
“Der Deutsche Kulturrat spricht sich dafür aus, dass im Kulturbereich (Museen, Musikschulen, Theater, Opern- und Konzerthäuser, Bibliotheken, Jugendkunstschulen, Kulturvereine, kulturpädagogische Einrichtungen, Medieninitiativen, Tanzhäuser und Soziokulturelle Zentren etc.) bis 2020 die Anzahl der Plätze gemäß dem bereits bestehenden großen Interesse der Bewerber um das Zehnfache erhöht werden und gemeinsam mit den Trägern und den lokalen Kultureinrichtungen in zehn Jahren bis zu 11.000 Einsatzstellen für das FSJ Kultur geschaffen werden sollen. Diese Erhöhung von Seiten der Kultureinrichtungen muss einhergehen mit einer staatlichen finanziellen Absicherung dieser Plätze durch Bund und Länder, da der Kulturbereich im Gegensatz zu anderen Bereichen die Einsatzstellen nicht refinanzieren kann. In anderen Einsatzbereichen wie z.B. dem Freiwilligen Sozialen Jahr ist eine teilweise Refinanzierung durch Leistungsentgelte möglich. Dieses trifft auf die Freiwilligendienste im Kulturbereich nicht zu.”
Im Zusammenhang mit der aktuellen Verkürzung des Zivildienstes fordert der Deutsche Kulturrat eine einstweilige Deckung von Mittelkürzungen zu Lasten der Träger des FSJ Kultur durch den Bund und lehnt zugleich die Übertragung von Aufgaben im Bereich der Freiwilligendienste auf das Bundesamt für den Zivildienst ab.
“Mit der Entscheidung, den Zivildienst zu verkürzen, ist eine Mittelkürzung für die Träger der Freiwilligendienste verbunden, da die Plätze, auf denen Freiwillige den Freiwilligendienst statt des Zivildienstes absolvieren, bislang umfangreich vom Bundesamt für den Zivildienst bezuschusst wurden. Die für die freien Träger dadurch entstehende Finanzierungslücke ist für viele Einsatzstellen nicht zu überbrücken. In diesem Zusammenhang erachtet es der Deutsche Kulturrat als erforderlich, dass diese Finanzierungslücke vom Bund so lange gedeckt wird, bis eine klare Regelung gefunden wird, die die Sicherung der Plätze und die Qualität der Jugendfreiwilligendienste im Kulturbereich gewährleistet.”
“Freiwilligendienste sind als besondere Formen bürgerschaftlichen Engagements im Feld der Zivilgesellschaft und den zugehörigen Strukturen verankert. Die Träger im Kulturbereich tragen daher in enger Zusammenarbeit mit den Einsatzstellen wesentlich zum Gelingen der kulturellen Jugendfreiwilligendienste bei. Sie sind Teil der regionalen Kulturszene und eröffnen durch Kooperationen und Netzwerke weitere Zugangschancen, stehen für wenig Bürokratie und hohe Fachlichkeit. Die Übertragung von Aufgaben im Bereich der Freiwilligendienste an das Bundesamt für den Zivildienst lehnt der Deutsche Kulturrat deshalb ab. Die Jugendfreiwilligendienste müssen weiterhin bei den freien Trägern verortet bleiben. Das Prinzip der Subsidiarität und das zivilgesellschaftliche Profil müssen gewahrt bleiben nur so wird die Angebotsvielfalt und Bürgernähe der Jugendfreiwilligendienste im Kulturbereich gewährleistet.”
Der Deutsche Kulturrat begrüßt die geplante Einbeziehung von freiwillige Kulturarbeit im Ausland anbietenden Freiwilligendiensten wie Kulturweit und Weltwärts in das geplante Freiwilligendienststatusgesetz, fordert aber, “dass den unterschiedlichen Einsatzbedingungen im In- und Ausland durch rechtliche Rahmenbedingen Rechnung getragen werden” müsse. Eine Einbeziehung der Freiwilligendienste aller Generationen lehnt er grundsätzlich als nicht “sachgerecht” ab.
“Nicht sachgerecht sind nach Auffassung des Deutschen Kulturrates die Bestrebungen, neben den Jugendfreiwilligendiensten auch die Freiwilligen Dienste aller Generationen im Freiwilligendienststatusgesetz zu regeln. Die Voraussetzungen und die Intentionen für diese Freiwilligendienste, Jugendfreiwilligendienst und Freiwilligendienste aller Generationen, unterscheiden sich grundlegend. Die unterschiedlichen Voraussetzungen ziehen weitere Implikationen wie z.B. die verpflichtende Arbeitszeit des Freiwilligen, die sozialversicherungsrechtliche Absicherung sowie die pädagogische Betreuung während des Freiwilligendienstes nach sich. Bisher ist es nicht gelungen, die Freiwilligendienste aller Generationen klar von anderen auch im Kulturbereich weit verbreiteten Formen des bürgerschaftlichen Engagements abzugrenzen und für den Dienstcharakter ein inhaltliches Profil zu formulieren. Die unterschiedlichen Voraussetzungen müssen sich auch in einem Statusgesetz widerspiegeln, damit weder ein Freiwilligendienst, noch eine andere Form des bürgerschaftlichen Engagements schlechter gestellt wird.”
Download Pressemeldung → Deutscher Kulturrat und vollständige Resolution → Deutscher Kulturrat
Hintergrundinformation zum geplanten Freiwilligendienststatusgesetz, zur Diskussion um Jugendfreiwilligendienste und die Frage der Freiwilligendienste aller Generationen:
- Jakob, Gisela, 2010: Überlegungen zu einem Freiwilligendienste Statusgesetz. In: BBE Newsletter (10) → download
Ergänzend dazu: Ein Hintergrund für diese konkurrierende Positionierung des Kulturrats dürfte in den sich abzeichnenden öffentlichen Mittelkürzungen der nächsten Jahren liegen, die nach einer Studie der Managementberatung A.T. Kearney zu erwarten sind. In einer Pressemitteilung vom 18.08.2010 teilt -> A.T. Kearney mit:
“Der Handlungsdruck auf Kultureinrichtungen in Deutschland steigt. Bis zum Jahr 2020 sind rund 10 Prozent der Kultureinrichtungen von der Schließung bedroht. Betroffen sind insbesondere kleinere Kultureinrichtungen und solche, die von Gemeinden gefördert werden. Gründe hierfür sind die immer weiter steigenden Kosten, die bis 2020 um rund ein Viertel anwachsen werden sowie der Rückgang der öffentlichen Zuschüsse, die im selben Zeitraum um etwa 8 bis10 Prozent sinken werden.”
-jor. | aktualisiert 19.08.2010
Stichworte: Freiwilligendienste aller Generationen, Freiwilligendienststatusgesetz, Freiwilliges Soziales Jahr, Freiwilliges Soziales Jahr Kultur, Zivildienst