Monetarisierung von Ehrenamt und Bürgerschaftlichem Engagement in Baden-Württemberg
Die vom Freiburger Zentrum für zivilgesellschaftliche Entwicklung (ZZE) im Auftrag des Ministeriums für Arbeit und Soziales Baden-Württemberg erarbeitete grundlegende → Untersuchung zur Monetarisierung von Ehrenamt und Bürgerschaftlichem Engagement in Baden-Württemberg ist kürzlich veröffentlicht worden.
Download der Studie ⇒ Ministerium für Arbeit und Soziales Baden-Württemberg
Sie kommt zu den jeweils weiter begründeten (vgl. S. 62–70 der Studie) und hier mit ihren Leitsätzen zitierten Schlußfolgerungen:
1. Die Spielarten des Einsatzes ökonomischer Mittel für Freiwillige im breiten Feld freiwilligen Engagements sind vielfältig, Überschneidungen von unbezahlter und bezahlter Arbeit verbreitet.
2. Die Debatte um die Monetarisierung im Ehrenamt und freiwilligen Engagement erfährt auch in Baden-Württemberg verstärkte Aufmerksamkeit. Von einer breiten Monetarisierung des Ehrenamtes kann hingegen nicht gesprochen werden: Freiwilliges Engagement geschieht nach wie vor weitgehend unentgeltlich.
3. Die Diskussion um die Monetarisierung wird je nach Standpunkt dogmatisch normativ oder pragmatisch-nutzenbezogen geführt: Hier wird das eigensinnige und altruistische Ehrenamt verteidigt, dort werden Mischformen von bezahlter und unbezahlter Tätigkeit als neue Chance identifiziert.
4. Bei der Debatte um die Monetarisierung wird eine breite Auffächerung materieller Tauschwerte im Zusammenhang mit freiwilligem Engagement sichtbar, die von finanziellen Zuwendungen bis zur geldwerten Kompensation für Aufwände im Engagement reichen.
5. Freiwilliges Engagement steht in unterschiedlicher Weise im Spannungsfeld ökonomischer Kalküle.
6. Bezahlungen in Ehrenamt und freiwilligem Engagement ziehen an Erwerbsarbeit und Verdienst interessierte Bürgerinnen und Bürger an.
7. Das im Zusammenhang mit dem freiwilligen Engagement gezahlte Geld oder der eingeräumte geldwerte Nutzen hat für die engagierten Bürgerinnen und Bürger, aber auch für die Institutionen, in denen freiwilliges Engagement stattfindet, einen je unterschiedlichen Sitz im Leben: Sie reichen von Existenzsicherung über Würdigung bis hin zur verzichtbaren Gratifikationsform.
8. Geldzahlungen für Engagierte können in der Lage sein, ökonomische Zugangsbarrieren zum Engagement abzusenken und bisher engagementferne Gruppen von Bürgerinnen und Bürger in Felder des Engagements zu integrieren. Dieser Zusammenhang verweist auf die Diskussion um eine allgemeine Grundsicherung.
9. Jeder Geldwertbezug von und Nachteilsausgleich für ehrenamtlich und freiwillige Engagierte sollte transparent gehandhabt, terminologisch abgebildet und von der reinen Zeitspende abgegrenzt werden. Die Abgrenzung von bezahltem und unbezahltem Ehrenamt kann nicht mit der Festlegung bestimmter Geldbeträge
sinnvoll vorgenommen werden.
10. Es gibt unterschiedliche Arten und Weisen sich für das Gemeinwohl zu betätigen: entgeltlich und unentgeltlich. Freiwilliges Engagement und Ehrenamt eignen sich nicht als Oberbegriffe für alle gemeinwohlorientierten Tätigkeiten. Eine neue Terminologie und Kategorisierung wird empfohlen.
11. Mit der Festlegung auf eine neue Terminologie geht es nicht um eine Abwertung bezahlter Tätigkeiten mit Gemeinwohlbezug gegenüber freiwilligem Engagement. Vielmehr sollen die jeweiligen Tätigkeitsformen kenntlich gemacht werden – mit ihren spezifischen Funktionslogiken, Potentialen und Risiken für Engagierte, Organisationen und Zielgruppen des Engagements. So kann ein sinnvoller Umgang mit Monetarisierung gefördert werden.
12. Förderprogramme sollten reflektieren, welche gemeinwohlorientierten Tätigkeiten einbezogen und gestärkt werden sollen. Wenn von freiwilligem und bürgerschaftlichem Engagement gesprochen wird, ist die Unentgeltlichkeit der Tätigkeit im Vordergrund zu sehen.
13. Der Begriff des bürgerschaftlichen Engagements sollte unbezahlten Engagementformen mit Zivilgesellschaftlicher Qualität vorbehalten bleiben.
-jor.
Stichworte: Bürgerschaftliches Engagement, Monetarisierung